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Reguläre Lagerungen

Wir beginnen nun mit der Untersuchung des Lagerungsproblems und führen dazu folgende Bezeichnungen ein:
Eine Unterdeckung vom Radius r soll r-gesättigt heißen, wenn man einen weiteren Kreis vom Radius r nur dadurch unterbringen kann, daß man ihn mit einem bereits vorhandenen schneidet.
Da wir eine nicht gesättigte Unterdeckung durch Hinzufügen weiterer Kreise sättigen können, dürfen wir o.B.d.A. stets annehmen, daß bereits eine gesättigte Unterdeckung vorliegt.
Die Standardtriangulierung einer r-gesättigten Unterdeckung soll im weiteren stets r-Triangulierung heißen, und besitzt folgende Eigenschaften [70]:
  1. sie hat aufgrund des Euler'schen Polyedersatzes $f = k+2-e = 3 \cdot (n-2)+2-n = 2n-4$ Dreiecke.
  2. Ein Umkreis eines Triangulierungsdreieckes kann keine weiteren Ecken des Mosaikes als innere Punkte enthalten.
  3. Ist $r'$ die Diagonale eines sphärischen Quadrates mit Seitenlänge 2r, so müssen zwei Punkte mit Abstand kleiner $r'$ auf derselben Dreiecksseite liegen.,
  4. Ein zulässiges Dreieck hat Seiten $\geq 2r$ und Umkreisradius kleiner $2r$; es gilt auch die Umkehrung.
  5. Bezeichnen wir mit $\rho_r$ den Winkel eines gleichseitigen Dreieckes mit Seitenlänge 2r. [Aus dem sphärischen Kosinussatz folgt die Formel $\cos \rho_r= \frac{\cos 2r}{1+\cos 2r}$], so kann man beweisen, daß der Winkel eines zulässigen Dreieckes stets zwischen $\rho_r/2$ und $2\rho_r$ liegen muß, ohne allerdings die Werte $\rho_r/2$ und $2\rho_r$ erreichen zu können [70].
Besitzt ein sphärisches Dreieck Seitenlängen $\geq r$ und einen festen Winkel $\theta$, so ist die kleinstmögliche Fläche des Dreiecks gegeben durch:

\begin{displaymath}
{\mathit A}(\theta) = \left \{
\begin{array}{ll}
\Delta...
...\rho_r \; \leq \theta \; \leq 2\rho_r
\end{array}
\right.
\end{displaymath}

Hierbei bezeichnet $\Delta(\omega)$ den Flächeninhalt eines sphärischen, Dreieckes mit zwei Seiten der Länge 2r und dem von ihnen eingeschlossenem Winkel $\omega$.
Die Funktion it A ist konkav in den Intervallen [$\rho_r$/2,$\rho_r$] und [$\rho_r$,$2\rho_r$] und kann daher ihren Minimalwert nur an den Stellen $\rho_r/2$, $\rho_r$ oder $2\rho_r$ annehmen. Da ${\mathit A}(\rho_r/2) =
{\mathit A}(\rho_r) = {\mathit A}(2\rho_r) =
\Delta(\rho_r) = 3\rho_r - \pi $ ist und da [ s.(v)] von diesen drei Werten nur $\rho_r$ auftreten kann, ist unter allen gleichschenkeligen Dreiecken das gleichseitige das Dreieck, das die kleinste Fläche besitzt. Diese Fläche werden wir im weiteren stets mit $\Delta_2r$ [= $\Delta(\rho_r)$ = $3\rho_r-\pi$] bezeichnen.
Da die r-Triangulierung [ s.(i)] aus 2n-4 Dreiecken besteht, und da '' Anzahl der Dreiecke mal Minimalfläche'' kleiner gleich der Kugeloberfläche $4\pi$ sein muß, folgt:
\begin{displaymath}
(2n-4) \cdot \Delta_r \leq 4\pi % (1)\end{displaymath} (1.5)

Wir setzen in diese Ungleichung $\Delta_r = 3\rho_r-\pi$ ein und erhalten:

\begin{displaymath}
3\rho_r-\pi \leq 4\pi/(2n-4) = 2 \cdot \pi/(n-2)
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
3\rho_r \leq 2 \cdot \frac{\pi}{n-2} + \pi =
(2\pi + n \cdot \pi-2\pi)/(n-2) = \pi \cdot \frac{n}{n-2}
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
\rho_r/2 \leq \gamma_n := \frac{\pi}{6} \cdot \frac{n}{n-2}
\end{displaymath}

Wegen $\cos \rho_r = \cos 2r/(1+cos 2r)$ erhalten wir aus $\rho_r \leq 2\gamma_n$:

\begin{displaymath}
\cos 2r \geq (\cos 2\gamma_n) \cdot (1+\cos 2r)
= \cos 2\gamma_n + (\cos 2r) \cdot (\cos 2\gamma_n)
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
\cos 2r geq \frac{\cos 2\gamma_n}{1-\cos 2\gamma_n}
= \fr...
... \gamma_n}{2\sin^2 \gamma_n}
= \frac{\cot^2 \gamma_n -1}{2}
\end{displaymath}

Zusammenfassend erhalten wir die Ungleichung von Fejes-Tóth für den sphärischen Abstand in einer Unterdeckung [29], [30]:
\begin{displaymath}
\cos 2r \geq (\cot^2 \gamma_n-1) /2
\end{displaymath} (1.6)

Diese Ungleichung besagt für den sphärischen Minimalabstand $b_n$:
\begin{displaymath}
\limsup_{ n \to \infty} \; b_n \cdot \sqrt{n} \leq \sqrt{8\pi/\sqrt{3}} = 3,80
\end{displaymath} (1.7)

Wählt man die n Punkte jedoch aus einer unendlichen Folge $P_1,P_2,...$ auf $S^2$ aus, so gilt für deren sphärischen Minimalabstand $b_n$ [35]:
\begin{displaymath}
\liminf_{n \to \infty} \; b_n \cdot \sqrt{n} \leq \frac{2}{\sqrt{\log 4 - 1}} = 3,22..
\end{displaymath} (1.8)

Für die Ungleichung (2) gibt es zumindest fünf verschiedene Beweise [29,30,39,70], darunter folgende zwei:



( 1) Wir zerlegen die Sphäre in Dirichlet'sche Zellen und wenden den auf das dadurch erhaltene Dreikantmosaik folgende Ungleichung an:



Es seien $S_1..S_n$ die Flächen eines Mosaikes, $O_i$ sei ein Punkt der Fläche $S_i$. Weiters bezeichne e die Anzahl der Ecken und k die Anzahl der Kanten des Mosaikes. D = D(ABC) sei ein Dreieck mit den Ecken A, B, C und den zugehörigen Winkeln $\alpha = (\pi n)/(2k)$, $\beta = (\pi e)/(2k)$ und $\gamma = \pi/2$. g sei eine auf $[0,\pi]$ definierte, nicht-zunehmende Funktion und dP das Flächenelement des variablen Punktes P. Dann gilt:

\begin{displaymath}
\sum^n_{i=1} \int_{S^i} {\mathit g}(\overline{O_iP}){\math...
...cdot \int_{\mathit D} {\mathit g}(\overline{AP}){\mathit d}P
\end{displaymath} (1.9)

Ist g nicht-abnehmend, so gilt die Ungleichung in umgekehrter Richtung.]
Wir setzen ${\mathit g}(x) = \left \{
\begin{array}{ll}
1 & \quad f\uml {u}r \; 0 \; \l...
...leq r_n
\\
0 & \quad f\uml {u}r \; r_n \; \leq x
\end{array}
\right.
$ und verwenden das Dreikantmosaik der Dirichlet'schen Zellen $Z_i$ der Kreismittelpunkte $P_i$ einer Lagerung mit Radius $r_n$.
Da für alle Punkte, die sich nicht in einem Kreis der Lagerung befinden, g Null wird, wird derjenige Teil der Kugeloberfläche, der durch $n>2$ Kreise vom Radius $r_n$ überdeckt wird, dargestellt durch:

\begin{displaymath}
{\mathit W}:= \sum^n_{i=1} \int_{Z_i} {\mathit g}(\overline{O_iP}){\mathit d}P
\end{displaymath}

Analog dazu wird derjenige Teil des Dreieckes D = D(ABC), der durch einen um den Punkt A geschlagenen Kreis mit Radius $\rho_r$ überdeckt wird, dargestellt durch:

\begin{displaymath}
{\mathit w} = \int_{\mathit D} {\mathit g}(\overline{AP}){\mathit d}P
\end{displaymath}


Klarerweise besitzt das Dreieck D die Winkel $2\gamma_n$, $\pi/3$ und $\pi/2$.
Bezeichnen wir mit D auch den Flächeninhalt des Dreieckes D, so erhalten wir aus $4 \cdot {\mathit k} \cdot {\mathit D} =
4 \cdot (3n-6) \cdot
\frac{\pi}{6}\frac{n}{n-2}+\frac{\pi}{3}+\frac{\pi}{2}-\pi = 4\pi$ und der Ungleichung (2) die Ungleichung :
\begin{displaymath}
{\mathit W}/(4\pi) \leq {\mathit w}/{\mathit D}.
\end{displaymath} (1.10)

Liegt eine Überdeckung mit Radius $\rho$ vor, so enthält der Kreis um A mit Radius $\rho$ das ganze Dreieck D und es gilt

\begin{displaymath}
1 = {\mathit W}/(4\pi) \leq {\mathit w}/{\mathit D}.
\end{displaymath}

Diese Ungleichung enthält eine Abschätzung für $R_n$ und $D_n$.
Analogerweise erhält man aus (6) eine Abschätzung für ein Unterdeckung mit Radius $r_n$ und Dichte $d_n$.
Diese Abschätzungen lauten nach Umformungen mit Formeln der sphärischen Trigonometrie [man beachte, daß $\csc x = \frac{1}{\sin x}$]: ( 2) Zu den bisherigen Konstruktionsmethoden eines sphärischen Mosaikes soll noch eine Methode angegeben werden, die auf jedem Raum konstanter Krümmung definiert ist [30, S.224ff]:



Wir denken uns auf der Kugel eine Lagerung von Kreisen mit Mittelpunkten $P_1,P_2,...$ usw. gegeben. Liegt eine Unterdeckung vor, so können wir o.B.d.A. voraussetzen, daß sie gesättigt ist, liegt eine Überdeckung vor, so können wir o.B.d.A. annehmen, daß die Kreise sich nirgends häufen, da wir ansonsten eine unendliche Dichte hätten. Einen Kreis, der in seinem Inneren keinen, auf seinem Rand aber zumindest drei der Kreismittelpunkte $P_1,P_2,...$ enthält, wollen wir Stützkreis nennen. Die auf seinem Rand liegenden Kreismittelpunkte spannen ein konvexes Polygon, das Stützpolygon auf. Durch diese Polygone definieren wir nun iterativ ein Mosaik auf der Sphäre :
Ist AB Seite eines Stützpolygons, so liegt in der Halbkugel, die durch die Trägergerade von AB begrenzt wird, außer A und B mindestens noch ein weiterer Kreismittelpunkt C der Lagerung. Durch A, B und C muß es daher einen Stützkreis geben, und dadurch können wir an jede Seite des Ausgangspolygons ein weiteres Stützpolygon anschließen.
Zwei Stützpolygone greifen niemals übereinander. Denn einerseites können sich - aufgrund der Definition - die zugehörigen Stützkreise einander nicht enthalten, andererseits gibt es in ihrem Schnitt nur zwei Punkte A und B (das sind die Schnittpunkte der Kreisränder), die Kreismittelpunkte und somit Mosaikeckpunkte sein können. Daher werden die Stützpolygone durch die Gerade AB getrennt.
Starten wir bei einem beliebigen Stützpolygon und addieren auf jeder '' freien'' Seite ein weiteres, so muß dieser Prozeß abbrechen, sobald wir wieder '' in die Nähe'' des Ausgangspolygons kommen, da ansonsten die Packung entweder nicht gesättigt wäre, oder einen Häufungspunkt besitzen müßte [30].
Nun untersuchen wir noch den Gleichheitfall in (1): Da das Dreieck mit kleinstem Flächeninhalt das gleichseitige Dreieck ist, kann in (1) das Gleichheitszeichen nur von Triangulierungen, die nur aus gleichseitigen Dreiecken bestehen, eingenommen werden.
Solche Triangulierungen entstehen nur aus den regulären Dreieckspolyedern. Daher sind optimale Punktanordnungen:

für n = 3: Ecken eines regulären Dreieckes,  
für n = 4: Ecken des regulären Tetraeders,  
für n = 6: Ecken des regulären Oktoeders,  
für n = 12: Ecken des regulären Ikosaeders  
Da die Ungleichung (1) auch für das Überdeckungsproblem gilt [29], sind diese vier Anordnungen für beide Problemstellungen optimal. Es wurde bewiesen [31], daß es nur endlich viele natürliche Zahlen mit dieser Eigenschaft geben kann. Allerdings wurde bisher keine weitere Zahl, die diese Bedingungen erfüllt, entdeckt. Daher wird vermutet, daß die obigen vier Werte die einzigen Zahlen mit dieser Eigenschaft sind.
Nun könnte man aber nicht nur versuchen, Ungleichungen für den sphärischen Mindestabstand [wie $ \cos 2r \geq (\cot^2 \gamma_n-1)/2$] herzuleiten, sondern sich auch die Frage stellen, wie die (sphärischen) Abstände, die keine Mindestabstände sind, abgeschätzt werden können.
Andreás und Károly Bezdek [5] haben den zweitnächsten Abstand $s_2(n)$ untersucht und bewiesen, daß gilt [ [x] sei das größte Ganze von x]:
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2004-03-25